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Unterbringung, Einweisung in eine geschlossene Einrichtung

Allgemeine Informationen

Unterbringungsverfahren im Rahmen der rechtlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. und § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

In einer akuten Situation ist es mitunter nötig, dass psychisch kranke Menschen zu ihrem eigenen Schutz oder auch zum Schutz Anderer für eine bestimmte Zeit in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht werden.

Unterbringung im rechtlichen Sinne bedeutet, dass ein psychisch kranker Mensch aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gegen oder ohne seinen Willen in eine geschlossene Einrichtung (zum Beispiel Krankenhaus, Heim, sozialtherapeutische Wohnstätte) eingewiesen wird und dort bleiben muss.

Unterbringung von volljährigen Personen

Es gibt drei Arten der Unterbringung Volljähriger:

  1. Die zivilrechtliche Unterbringung, die durch einen rechtlichen Betreuer* oder einen Bevollmächtigten des psychisch Kranken veranlasst wird (§1906 BGB),
  2. die öffentlich-rechtliche Unterbringung, die durch die zuständige Behörde des Landkreises oder der Kreisfreien Stadt nach dem Sächsischen Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) veranlasst wird und
  3. die strafrechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nach §§ 63, 64 Strafgesetzbuch (StGB) oder in der Sicherungsverwahrung nach §§ 66 ff. StGB, die durch ein Strafgericht angeordnet wird.

Allen drei Unterbringungsarten ist gemeinsam, dass die Unterbringung nur nach beziehungsweise durch eine gerichtliche Entscheidung angeordnet werden darf. Nur in besonderen Eilfällen kann es zulässig sein, die gerichtliche Entscheidung nachträglich einzuholen.

Eine zivilrechtliche Unterbringung wird notwendig, wenn der psychisch Kranke sein eigenes Leben oder seine eigene Gesundheit gefährdet. Eine öffentlich-rechtliche Unterbringung kommt darüber hinaus in Betracht, wenn der psychisch Kranke eine Gefahr für andere Personen oder bedeutende Rechtsgüter darstellt. Eine strafrechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet, wenn ein Straftäter schuldunfähig oder vermindert schuldfähig eine Straftat begangen hat und die Gefahr besteht, dass er infolge seines Zustandes auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begeht. Außerdem ist die strafrechtliche Unterbringung für Rauschmittel abhängige Täter möglich, wenn eine Behandlung und Heilung möglich erscheint.

Denkbar sind auch andere freiheitsbeschränkende Zwangsmaßnahmen ohne Unterbringung wie zum Beispiel die Fixierung oder das Anbringen von Bettgittern (sogenannte unterbringungsähnliche Maßnahmen). Auch für diese Maßnahmen muss der Betreuer vorab eine gerichtliche Genehmigung einholen.

Unterbringung von minderjährigen Personen

Die Unterbringung und unterbringungsähnliche Zwangsmaßnahmen sind auch für Minderjährige durch den gesetzlichen Vertreter (§ 1631b BGB) oder in seltenen Fällen auch nach dem SächsPsychKG durch öffentliche Stellen oder nach dem Jugendgerichtsgesetz möglich - hier gelten besondere Regelungen. Eine gerichtliche Genehmigung beziehungsweise Anordnung ist aber ebenso vorgeschrieben.

Die zivilrechtliche Unterbringung Volljähriger ist die am häufigsten angeordnete Unterbringungsform. In den meisten Fällen werden die Unterbringungen durch die rechtlichen Betreuer der psychisch Kranken veranlasst. Nachfolgend wird das zivilrechtliche Unterbringungsverfahren näher beschrieben.

Zivilrechtliches Unterbringungsverfahren im Rahmen der rechtlichen Betreuung

Einzelfallprüfung

Bevor die schwerwiegendste Maßnahme eines Freiheitsentzuges durch Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung ergriffen wird, sollte der Betreuer in jedem Einzelfall prüfen, ob es nicht mildere Alternativen gibt. Der Betreuer sollte sich einen persönlichen Eindruck verschaffen, sich mit den behandelnden Ärzten und den Pflegekräften beraten und nach Möglichkeiten suchen, die weniger eingreifend sind.

Denkbar ist auch, dass anstelle der Unterbringung andere freiheitsentziehende Zwangsmaßnahmen ausreichend sind (z.B. das Anbringen eines Bettgitters) oder dass zusätzlich zur Unterbringung weitere freiheitsentziehende Maßnahmen erforderlich sind (zum Beispiel die vorübergehende Fixierung von Körpergliedmaßen).

Schnelles Handeln in Notsituationen

Ist Eile geboten, können Betreuer oder Bevollmächtigte das Betreuungsgericht um eine einstweilige Anordnung ersuchen. Bei Gefahr in Verzug kann eine notwendige Zwangsmaßnahme auch ohne vorherige gerichtliche Genehmigung erfolgen. Die Genehmigung ist aber beim Betreuungsgericht unverzüglich nachzuholen.

*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht - die Redaktion

Voraussetzungen

  • beim Betroffenen besteht aufgrund einer psychischen Krankheit bzw. geistigen oder seelischen Behinderung die Gefahr, dass er sich selbst tötet oder einen erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt oder
  • beim Betroffenen ist zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig, der ohne die Unterbringung nicht durchgeführt werden kann und der Betroffene kann wegen seiner Krankheit oder Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln

Verfahrensablauf

Den Antrag, eine Unterbringung zu genehmigen, stellt der rechtliche Betreuer beim zuständigen Gericht. Dafür steht in Amt24 ein Vordruck zur Verfügung.

Sollte keine Betreuung eingerichtet sein und auch keine Vorsorgevollmacht erteilt sein, regen Angehörige, Pfleger, Mitarbeiter sozialer Dienste oder andere Drittpersonen beim Betreuungsgericht an, dass eine rechtliche Betreuung eingerichtet wird.

Rechte der Betroffenen im Verfahren gewahrt

  • Unabhängig von der Geschäftsfähigkeit, gelten Betroffene in jedem Fall als verfahrensfähig, das heißt, sie selbst können Anträge stellen und Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einlegen.
  • Alle Entscheidungen des Betreuungsgerichts sind ihnen bekannt zu geben.

Vertrauensperson als Verfahrenspfleger

  • Betroffene sind meist allerdings nicht in der Lage, während des Verfahrens ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Das Betreuungsgericht stellt ihnen daher in aller Regel einen sogenannten Verfahrenspfleger zur Seite.

Anhörung und Gutachten

  • Das Betreuungsgericht muss Betroffene grundsätzlich persönlich anhören.
  • Den unmittelbaren Eindruck verschafft sich der Richter meist schon in der Einrichtung - Zwangsmaßnahmen sind gewöhnlich so dringend, dass sie vom Betreuungsgericht vorläufig genehmigt wurden.
  • Im Verlaufe des Verfahrens hat das Gericht weitere Personen zu hören: Familienangehörige, eine Vertrauensperson, gegebenenfalls auch den Heimleiter der Einrichtung, in der die betroffene Person lebt.
  • Die Notwendigkeit von freiheitsentziehenden Maßnahmen muss sich das Gericht zudem durch ein ärztliches Gutachten nachweisen lassen. Der Sachverständige sollte:
    • in der Regel Facharzt für Psychiatrie sein,
    • Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie haben,
    • die betroffene Person persönlich untersuchen oder befragen. Weigert sich diese, kann das Betreuungsgericht zur Erstattung des Gutachtens selbst eine Unterbringung von bis zu sechs Wochen anordnen (Verlängerung bis zu drei Monate möglich).

Entscheidung

  • Sind die nötigen Anhörungen und Ermittlungen abgeschlossen, trifft das Betreuungsgericht eine Entscheidung über die Genehmigung einer dauerhaften Unterbringung (oder vergleichbare Maßnahmen).
  • Die Entscheidung darf höchstens für ein Jahr getroffen werden, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit auch für zwei Jahre.
  • Das Gericht hat den Beschluss stets zu befristen.

Hinweis: Ist eine fortwährende Unterbringung nötig, muss der Betreuer dies nach Ablauf der Frist erneut beim Betreuungsgericht beantragen.

Vollzug

  • Die festgelegten Maßnahmen ordnen Betreuer oder Bevollmächtigte an und verantworten sie. Eine Pflicht zur Anwendung der Maßnahmen besteht nicht.
  • Sind die Zwangsmaßnahmen aus medizinischer Sicht hinfällig, muss der Betroffene entlassen und der Unterbringungsbeschluss aufgehoben werden.
  • Die örtliche Betreuungsbehörde (zentrale Anlaufstelle für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit rechtlichen Betreuungen) muss den Betreuer auf richterliche Anweisung hin unterstützen, die betroffene Person ins Krankenhaus zu bringen.
  • Soweit das Gericht der Betreuungsbehörde das Anwenden von Gewalt gestattet, kann diese die Polizei um Amtshilfe bitten.

Erforderliche Unterlagen

  • Antrag auf Genehmigung einer Unterbringung durch Betreuer oder Bevollmächtigte
  • Ärztliches Zeugnis (Sachverständigengutachten) mit folgenden Aussagen:
    • Gesundheitszustand
    • Anlass der Maßnahme, fehlende und unternommene Alternativen
    • Art und Dauer der Maßnahme

Fristen

  • Einholen der nachträglichen gerichtlichen Genehmigung: in der Regel innerhalb von zwei Tagen

Kosten (Gebühren)

  • Gerichtsgebühren: keine
  • Auslagen: in sehr eingeschränktem Umfang
  • bei Ablehnung des Antrags: unter Umständen außergerichtliche Kosten (Beispiel: Anwaltskosten)

Hinweise (Besonderheiten)

Einstweilige Anordnung

Das beschriebene Verfahren erfordert umfassende Ermittlungen und dauert meist einige Wochen. Im Notfall kann das Gericht per einstweiliger Anordnung die vorläufige Unterbringung beschließen.

Rechtsgrundlage

Freigabevermerk

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. 02.11.2022

Zuständige Stelle

Betreuungsgericht am Amtsgericht

Weiterführende Informationen