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Hilfen zur Erziehung ist der Oberbegriff für verschiedene im Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe) verankerte Hilfeformen für den Fall, dass Sie als Personensorgeberechtigte bei der Erziehung Ihres Kindes Unterstützung benötigen oder in Anspruch nehmen.

Bedarfsgerechte Hilfen

Hilfen zur Erziehung umfassen pädagogische und damit verbundene therapeutische Leistungen. Maßgeblich für die Art und den Umfang der Hilfe ist der erzieherische Bedarf im jeweils konkreten Einzelfall. Dabei kommt es für die einzelne Hilfe entscheidend auf die Lebenssituation des Kindes oder Jugendlichen und seiner Familie an.

Je genauer mit den Personensorgeberechtigten (in der Regel sind das die Eltern oder alleinerziehende Elternteile) und ihren Kindern im Vorfeld die gesamten Zusammenhänge der Probleme und erforderlichen Hilfen besprochen und dabei Chancen und Möglichkeiten der Betroffenen mit in den Blick genommen werden, desto passgenauer kann eine Hilfe beziehungsweise Unterstützung eingerichtet werden.

Beantragung beim Jugendamt

Hilfen zur Erziehung werden auf Antrag beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendamt) gewährt. Die Entscheidung darüber, ob eine Hilfe notwendig und geeignet ist, welche Hilfe es sein soll und wer sie erbringen soll, wird grundsätzlich mit den Personensorgeberechtigten und dem Kind oder Jugendlichen in einer gemeinsamen Hilfeplanung getroffen.

Den Personensorgeberechtigten steht bei der Auswahl der Hilfeform ein Wunsch- und Wahlrecht zu.

Unterschiedliche Formen

Erzieherische Hilfen können in ambulanter, teilstationärer und stationärer Form erbracht werden. Oft ist auch von "familienunterstützenden", "familienfördernden" und "familienersetzenden" Maßnahmen die Rede. Grundsätzlich gilt jedoch: Sofern es das Wohl des Kindes zulässt, sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Erziehung in der Familie fortzusetzen.

Auch bei Hilfeformen, die mit einer Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses einhergehen, ist die Rückkehr in die Herkunftsfamilie grundsätzliches Ziel der Maßnahme. Dazu wird während der Unterbringung der Kontakt mit der Familie gepflegt, so wie dies möglich ist.

In den §§ 28 bis 35 SGB VIII sind konkrete Erziehungshilfen beispielhaft aufgelistet. Über diesen Katalog hinaus sind weitere erzieherische Hilfen möglich. Dabei sind die einzelnen im Gesetz genannten sozialpädagogischen Hilfeformen nicht gegeneinander abgrenzbar, vielmehr soll die notwendige und geeignete Hilfe für den Einzelfall "maßgeschneidert" werden.

Hilfen zur Erziehung im Überblick

Erziehungsberatung

Die Erziehungsberatung ist ein ambulantes Beratungs- und Therapieangebot und dient der Unterstützung von Eltern und anderen Erziehungsberechtigten, Kindern und Jugendlichen bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme. Durch Psychologen, Sozialpädagogen oder andere Fachkräfte sollen die positive Entwicklung des Kindes bzw. des Jugendlichen sowie der Familie gefördert und das Zusammenleben in der Familie erhalten und verbessert werden. Auch bei der Bewältigung von Krisen und Problemen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung können Erziehungsberatungsstellen Hilfestellungen geben.

Die Beratung kann auch ohne Vermittlung durch das Jugendamt in Anspruch genommen werden. Sie erfolgt persönlich und vertraulich, das heißt, die Berater unterliegen auch der gesetzlichen Schweigepflicht.

Soziale Gruppenarbeit

Die soziale Gruppenarbeit ist ein ambulantes Angebot und soll vorrangig ältere Kinder und Jugendliche in der Entwicklung sozialer Kompetenzen unterstützen. In der Gruppe wird erlernt, Selbstvertrauen aufzubauen, Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensprobleme zu überwinden und Probleme mit dem sozialen Umfeld abzubauen.

Erziehungsbeistand

Bei dieser ambulanten Hilfe wird älteren Kindern und Jugendlichen ein Betreuer oder eine Betreuerin zur Seite gestellt, um sie bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen zu unterstützen und die Verselbstständigung des Minderjährigen zu befördern. Der Erziehungsbeistand unterstützt beim Lösen von Konflikten mit Eltern und Lehrern ebenso wie bei Behördengängen oder der Bewältigung von Leistungsproblemen.

Die Hilfe ist in der Regel auf einen längerfristigen Zeitraum von einem bis zu drei Jahren angelegt.

Sozialpädagogische Familienhilfe

Diese Hilfe zur Erziehung ist ein ambulantes Angebot für die ganze Familie. Die sozialpädagogische Familienhilfe gibt konkrete, praktische Lebenshilfe in familiären Belastungssituationen und bietet "Hilfe zur Selbsthilfe". Direkt in der Familie unterstützt eine Fachkraft in der Regel längerfristig und ganzheitlich bei der Erziehung, bei der Bewältigung des Familienalltags und bei Schwierigkeiten mit Außenstehenden.

Auch beim Kontakt mit Ämtern und anderen Institutionen wird geholfen. Ziel ist es, dass auftretende Probleme wieder selbstständig gemeistert werden können.

Erziehung in einer Tagesgruppe

Das teilstationäre Angebot der Erziehung in einer Tagesgruppe unterstützt insbesondere Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter beim Lernen sozialer Kompetenzen. Eine geregelte Tagesstruktur hilft Kindern und Jugendlichen ihren Alltag zu gestalten.

Im Mittelpunkt der Arbeit von Tagesgruppen stehen das soziale Lernen in der Gruppe, die Begleitung der schulischen Förderung sowie die Elternarbeit. Um die Erziehungsbedingungen in der Familie zu verbessern, sollen die Familien entlastet werden und professionell begleitet Unterstützung erfahren.

Der Vorteil dieser Hilfe zur Erziehung liegt darin, dass Kinder und Jugendliche in ihrer Familie und damit in ihrer vertrauten Umgebung verbleiben können.

Vollzeitpflege

Diese stationäre Hilfe zur Erziehung bietet die zeitweise oder dauerhafte außerfamiliäre Unterbringung und Betreuung eines Kindes über Tag und Nacht in einer Pflegefamilie oder - für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche - in einer Erziehungsstelle. Mit dieser Hilfe ist auch das Ziel der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie verbunden.

Die Vollzeitpflege ermöglicht das Aufwachsen des Kindes in einem Familiensystem und eignet sich besonders für jüngere Kinder, ist aber grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr möglich. Die Auswahl einer geeigneten Pflegefamilie orientiert sich an der Bedürfnislage des Kindes oder Jugendlichen.

Heimerziehung, sonstige betreute Wohnformen

Im Rahmen dieser stationären Hilfe zur Erziehung ist das Kind oder der Jugendliche über Tag und Nacht außerhalb der Familie untergebracht und wird von professionellen Fachkräften betreut. Durch Heimerziehung oder sonstige betreute Wohnformen sollen Kinder und Jugendliche, die nicht mehr in der eigenen Familie leben und nicht in einer Pflegefamilie untergebracht werden können, in ihrer Entwicklung gefördert werden. Dies soll durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten erreicht werden.

Heimerziehung oder betreutes Wohnen soll eine Rückkehr des Kindes oder des Jugendlichen in die Familie ermöglichen, die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbereiten, wozu auch die Beratung und Unterstützung in Ausbildungs- und Beschäftigungsfragen gehört. So reicht die Dauer der Hilfe von einer kurzfristigen Unterbringung bis hin zu einem dauerhaften Verbleib wenigstens bis zum Eintritt der Volljährigkeit.

Die einzelnen Unterbringungsformen unterscheiden sich stark in Angebot, Zielgruppe, Betreuungsschlüssel, Lage und nicht zuletzt auch durch die Größe der Einrichtung. So gibt es familienähnliche Betreuungsangebote, Kleinstheime, betreute Wohngemeinschaften, Kinderdörfer, Jugendwohnungen sowie Formen von betreutem Einzelwohnen.

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

Bei der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung handelt es sich um eine Hilfe für besonders gefährdete und teilweise erheblich belastete oder geschädigte Jugendliche, für die eine gruppenbezogene Betreuung im Rahmen von Heimerziehung oder sonstigen betreuten Wohnformen nicht geeignet ist beziehungsweise die mit den sonstigen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr erreicht werden können. Ziel ist die soziale Integration und die Befähigung zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung.

Die Betreuung ist von vornherein auf längere Zeit angelegt. Charakteristisch ist eine sehr hohe Betreuungsintensität verbunden mit einem Höchstmaß an individuellem Zuschnitt und Flexibilität der Hilfeleistung. Es handelt sich um eine ambulante Hilfe, die aber häufig mit Unterbringungshilfen verbunden ist.

Hilfen für erwachsene Jugendliche und  junge volljährige Menschen

Hilfen zur Erziehung können auch junge volljährige Menschen erhalten, die nicht mehr bei den Eltern leben, aber auch noch nicht selbstständig ihr Leben "in die Hand" nehmen können (§ 41 SGB VIII). Hilfen für junge Volljährige sollen sicherstellen, dass ein junger Erwachsener ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben führen kann.

Besonders bei jungen Menschen, die schon vor der Volljährigkeit Hilfen zur Erziehung erhalten haben, soll die Hilfe nicht abrupt enden. Um einen gleitenden Übergang in ein eigenverantwortliches Leben sicherzustellen, steht das Spektrum der Hilfen zur Erziehung weiter zur Verfügung. So kann ihnen zum Beispiel eine betreute Wohngruppe helfen, das notwendige Know-how über Haushaltsführung, Alltagsorganisation und Lebensgestaltung zu erwerben.

Die Fortführung der Hilfe erfolgt in der Regel bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. In begründeten Einzelfällen kann sie auch darüber hinaus, höchstens bis zum vollendeten 27. Lebensjahr gewährt werden, wenn die Ziele einer vorhergehenden Maßnahme, die Selbstständigkeit, nicht erreicht worden sind.