Ehescheidung beantragen, streitiges Verfahren
Allgemeine Informationen
Jede Scheidung ist ein Einzelfall - umso mehr, wenn um viele Einzelheiten gestritten wird. In einem streitigen Scheidungsverfahren besteht daher für beide Parteien Anwaltszwang.
Die familiären und vermögensrechtlichen Umstände sind so verschieden, dass in jedem Verfahren individuelle Entscheidungen zu treffen sind. Die nachstehende Beschreibung kann Ihnen lediglich einen sehr allgemeinen Einblick in ein streitiges Scheidungsverfahren geben.
Weitere Familiensachen, die für den Fall der Scheidung zu entscheiden sind - etwa Angelegenheiten der elterlichen Sorge, des Umgangs und den Unterhalt betreffend - verhandelt das Gericht auf Antrag in einem Verbundverfahren. Lediglich über den Versorgungsausgleich entscheidet das Familiengericht auch ohne Antrag von Amts wegen im Verbund mit der Ehescheidung. Erst wenn alle Entscheidungen spruchreif sind, kann der Gesamtbeschluss gefasst und die Ehe geschieden werden. Nur in Ausnahmefällen ist die Abtrennung einzelner Angelegenheiten vom Verbundverfahren möglich.
Tipp: Bei der Suche nach einem Rechtsanwalt* kann Ihnen die Rechtsanwaltskammer behilflich sein.
So selbstverständlich es klingen mag: Sie müssen vor einer Ehescheidung erst einmal klären, ob eine gültige Ehe überhaupt besteht. Den Nachweis erbringen Sie durch Vorlage der Heiratsurkunde (Beweislast beim Antragsteller). Das Schuldprinzip ist im deutschen Recht abgeschafft und durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt worden. Einziger Scheidungsgrund ist danach die gescheiterte Ehe. Was unter "Scheitern" zu verstehen ist, definiert das Bürgerliche Gesetzbuch wie folgt:
- Die Lebensgemeinschaft der Ehegatten besteht nicht mehr.
- Ihre Wiederherstellung ist nicht mehr zu erwarten.
Nichtbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft
Eine Lebensgemeinschaft ist nicht dasselbe wie eine häusliche Gemeinschaft. Der eine Ehepartner mag in Görlitz arbeiten und wohnen, der andere in Dresden - das sagt noch nichts über eine glückliche Beziehung. Die Lebensgemeinschaft besteht dann nicht mehr, wenn die Ehepartner jegliche eheliche Beziehungen abgebrochen haben oder zumindest ein Ehepartner sich vom anderen definitiv abgewendet hat. Auch wenn ein Ehegatte die Ehe fortsetzen will, kann die Ehe gescheitert sein, weil die eheliche Lebensgemeinschaft auf einer wechselseitigen Bindung beruht. Auf die Gründe kommt es nach der Abschaffung des Verschuldensprinzips nicht mehr an.
Eine Wiederherstellung ist nicht mehr zu erwarten
Die alles entscheidende Frage lautet: Wollen wir die Ehekrise überwinden? Wenn jegliche Bereitschaft zur Versöhnung fehlt, dann hat die Ehe keinen Zweck mehr.
Indizien für das Scheitern einer Ehe:
- Dauer des Getrenntlebens
- unüberwindbare Absicht eines oder beider Ehegatten zur Ehescheidung
- Eheleute sprechen nicht mehr miteinander
- zwischen den Eheleuten besteht keinerlei sexuelle Beziehung mehr
- ernsthafte und dauerhafte Verbindung mit einem anderen Partner
Ehepartner uneins über die Scheidung
Leben die Eheleute seit drei Jahren getrennt, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Dabei setzt das Getrenntleben voraus, dass zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und dass zumindest ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Das Fehlen der häuslichen Gemeinschaft ist dann leicht festzustellen, wenn ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht aber auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. In diesem Fall muss die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft so weit wie möglich herbeigeführt werden (kein gemeinsames Schlafzimmer). Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, hemmt oder unterbricht die erforderliche Trennungszeit nicht.
Stimmt der Antragsgegner der Scheidung nach einjährigem Getrenntleben nicht zu, muss der Antragsteller beweisen, dass die Ehe gescheitert ist. Ein solcher Nachweis ist meist schwer zu führen.
Streitig heißt, die Parteien sind sich uneins darüber, ob die Ehe zerrüttet ist oder nicht, ob die Trennungszeit abgelaufen ist und wie Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Scheidung zu regeln sind. Diese sogenannten Folgesachen können nur in bestimmten Fällen vom Verbundverfahren getrennt werden. Denkbar sind etwa separate Verhandlungen zur elterlichen Sorge und zum Umgang zwischen Kindern und Eltern.
Sind Folgesachen wie Hausrat, Unterhalt oder die Ehewohnung streitig, wird das Gericht die Ehe auch nach nur einem Trennungsjahr scheiden, wenn der Antragsgegner der Scheidung an sich zustimmt.
Als Bedingung gilt: Die Streitpunkte sind vom Gericht geklärt und alle Folgesachen entscheidungsreif. Erst dann darf der Richter den Gesamtbeschluss fassen, es sei denn, die engen Voraussetzungen für eine Abtrennung der Folgesachen liegen vor und das Familiengericht trennt die Folgesachen vom Scheidungsverfahren ab.
Welches Gericht ist zuständig?
- Gesetzlich vorrangig vorgesehen ist das Familiengericht am Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- Sind keine gemeinsamen minderjährigen Kinder vorhanden, ist das Familiengericht am Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt gehabt haben, wenn einer der Ehegatten bei Einreichung des Scheidungsantrages im Bezirk dieses Gerichts noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- Wohnt keiner der Ehegatten mehr am letzten gemeinsamen Wohnort oder im dazugehörigen Amtsgerichtsbezirk, ist das Familiengericht am Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht - die Redaktion
Voraussetzungen
- Eine streitige Scheidung ist erst nach dreijähriger Trennungszeit möglich.
Es sei denn, der Antragsteller beweist, dass die Ehe gescheitert ist.
Das Gericht gibt dem Antrag auf Scheidung in der Regel erst statt, wenn über die anhängigen Folgesachen wie
- Versorgungsausgleich,
- Unterhalt,
- Ehewohnung und
- Hausrat
mit entschieden werden kann.
Verfahrensablauf
Wählen Sie im ersten Schritt einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens (nach Bedarf Anfrage bei der Rechtsanwaltskammer).
Antragsschrift
- Nach dem Beratungsgespräch erteilen Sie dem Anwalt den Scheidungsauftrag und die Vertretungsvollmacht (bereitet der Anwalt vor).
- Der Anwalt sendet Ihnen einen Entwurf des Scheidungsantrags.
- Sie bestätigen dem Anwalt, dass Sie mit dem Entwurf einverstanden sind und überweisen den Gerichtskostenvorschuss sowie gegebenenfalls den Vorschuss für das Anwaltshonorar.
- Nach Eingang der Zahlung reicht der Anwalt den Scheidungsantrag beim zuständigen Amtsgericht ein.
Vor Gericht
- Das Gericht stellt Ihrem Ehepartner den Scheidungsantrag zu und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
- In der Regel übermittelt das Gericht beiden Ehegatten Fragebögen zum Versorgungsausgleich, um Ansprüche auf Renten oder sonstige Altersversorgung zu ermitteln.
- Der Richter legt einen Termin zur mündlichen Verhandlung fest, sobald die Auskünfte zu den Versorgungsanrechten vorliegen.
- Ihr Anwalt vertritt Sie im Verfahren, das Gericht ist jedoch gehalten, das Erscheinen beider Ehegatten anzuordnen und beide Ehegatten persönlich anzuhören.
- Das Gericht entscheidet über die Anträge zu den Folgesachen.
In diesem Zusammenhang kann es erforderlich sein, dass Zeugen vernommen werden. - Das Familiengericht fasst den Scheidungsbeschluss, wenn es die Überzeugung gewonnen hat, dass die Ehe gescheitert ist.
In die Entscheidung fließen die schriftlich vorgebrachten Argumente der Eheleute und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung ein. - Sind sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner jeweils durch einen Anwalt vertreten, kann die Scheidung durch einen beidseitigen Verzicht auf Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel sofort rechtskräftig werden.
Erforderliche Unterlagen
Für die Verfahrenseröffnung benötigt das Gericht die von einem zugelassenen Rechtsanwalt verfasste Antragsschrift des Ehepartners, der die Scheidung beantragt.
Die Antragsschrift muss enthalten:
- Namen und Geburtsdaten der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, Angaben zu deren Aufenthaltsort ("gewöhnlicher Aufenthalt")
- die Erklärung, ob die Eheleute eine Regelung gegenüber ihren gemeinsamen minderjährigen Kindern getroffen haben über
- die elterliche Sorge
- den Umgang
- die Unterhaltspflicht
- die Erklärung, ob die Eheleute eine Regelung getroffen haben über
- die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht
- die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat
- die Angabe, ob bei Gericht anderweitig Familiensachen anhängig sind, an denen beide Ehepartner beteiligt sind
Weitere Unterlagen:
Der Antragsschrift sollen die Heiratsurkunde und die Geburtsurkunden der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder beigefügt werden.
Fristen
keine
Kosten (Gebühren)
- Gerichts- und Anwaltsgebühren: abhängig vom Verfahrenswert, den das Gericht festsetzt
Verfahrenswert
- Mindestbetrag: EUR 3.000
- Höchstbetrag: EUR 1 Million
Hinweise:
- Wie hoch der Verfahrenswert ist, hängt im Wesentlichen vom Vermögen und Einkommen der Eheleute ab. Der Berechnung wird die Summe des Nettoeinkommens beider Ehegatten aus drei Monaten und das Vermögen zugrunde gelegt.
- Die Anwaltskanzlei legt Ihnen die Abschlussrechnung in der Regel vor, wenn sie Ihnen den Scheidungsbeschluss übermittelt.
Rechtsgrundlage
- §§ 1564 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Viertes Buch - Scheidung der Ehe
- §§ 133 ff. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) - Verfahren in Scheidungssachen und Folgesachen
- § 43 Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) - Ehesachen
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. 04.09.2023
Bearbeitungsdauer
- 9,0 Monate (durchschnittliche Dauer von Scheidungssachen an den sächsischen Amtsgerichten im Jahr 2019)