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"Wir reparieren keine Kinder!"

Datum: 11.08.2023

Manche Abschiede sind leise. So leise, dass sie im gesellschaftlichen Alltagslärm nur bei näherem Hinhören (oder -sehen) als Hintergrundrauschen vernommen werden. Ein solches Rauschen ist das der zunehmenden Zahl an psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen im Vogtland.

Im Rahmen seiner Reihe „Unternehmensbesuche“ machte der Landrat des Vogtlandkreises Thomas Hennig auch in der Plauener Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -physiotherapie Cathrin Preuß Station.
Die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie Therapeutin für Psychotraumatologie und Traumatherapie führte den Landrat ohne viele Umschweife in die hochbrisante Materie ein.
Über 1.800 junge Patienten in sieben Jahren Praxis - und allein im Jahr 2022 über 300 Neupatienten - skizzieren nicht nur die extreme Leistungsdichte der Praxis Cathrin Preuß, sondern auch einen gesamtgesellschaftlichen Zustand, der hochproblematisch ist. Mobbing, Isolation und selbstzerstörerische Handlungen bei Kindern und Jugendlichen hätten seit der Corona-Krise signifikant zugenommen.
Als einzige Praxis ihrer Art in der Region stehen 7 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Cathrin Preuß ihren Patienten im Alter von 0 bis 21 Jahren zur Seite. Beginnend von der Säuglings-Eltern-Kleinkind-Therapie über die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bis hin zur psychiatrisch-medizinischen Versorgung recht dabei das Leistungsspektrum.
„Die Betroffenen sind oft sehr schwer krank, haben Angst, leiden unter Panik, Albträumen, Depressionen oder weisen starke Hinwendungen zu einem selbstverletzenden Verhalten auf“, so die Ärztin. „Unfälle, Gewalt und Suizid sind in der Gruppe bis 19-jährigen dabei die häufigste Todesursache.“
Dass sich die Praxis dabei von Bayreuth bis Gera, von Chemnitz bis Saalfeld einen herausragenden Ruf mit Alleinstellungsmerkmalen geschaffen hat, beeindruckte Landrat Thomas Hennig ebenso wie das Engagement der jungen Belegschaft um Cathrin Preuß. Nur die auf dieser Einzigartigkeit beruhende lange Wartezeit für Termine machte ihn sichtlich betroffen. „Dass hinlängliche und alte Lied: Fehlende ärztliche Kollegen…“, machte Cathrin Preuß die Situation deutlich. Selbst Kliniken würden diese Kollegen mit Kusshand einstellen.


„Und noch etwas: Wir reparieren keine Kinder“, erklärt die Ärztin Cathrin Preuß dem Landrat bei einem Rundgang durch das Haus, welches sich oberhalb der Plauener Friedensschule befindet. „Gerade weil wir es mit sehr jungen Menschen zu tun haben, deshalb nehmen wir uns für diese Zeit. Dass diese Zeit aufgrund von Budgets der Kassen in so gut wie jedem Fall zu eng bemessen ist, darf in Deutschland ruhig einmal laut gesagt werden“, so die sympathische Fachfrau.


Und auch die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt steht vor großen Herausforderungen. „Wenn wir die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht verlieren wollen, müssen wir noch zielgerichteter und engagierter zusammenarbeiten.“ In diesem Sinne freue sie sich auf den Dienstbeginn des neuen Beigeordneten des Landrates, der auch den Geschäftsbereich Jugend-, Gesundheit und Soziales führen wird.
Er werde alle Anstrengungen der Praxis mit seinen Kräften unterstützen, verabschiedete sich Landrat Thomas Hennig nach seinem fast zweistündigen Besuch.