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Kinderschutz in schwierigen Zeiten

Datum: 15.04.2020

Bereits seit mehr als vier Wochen sind auch bei uns im Vogtland kaum noch Kinder in der Öffentlichkeit zu sehen. Sie besuchen ihre Schulen nicht und in die Kindergärten und Horte gehen nur die Kinder von Eltern, die in systemrelevanten Bereichen arbeiten.

Dr. med. Liskowsky (Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Rodewisch) als Akteur des regionalen Netzwerkes für Kinderschutz/ Frühe Hilfen Vogtlandkreis sorgt sich ebenso wie das Jugendamt um das Wohl der Familien, welche derzeit aus den gewohnten Bahnen geraten und damit in belastende Lebenslagen kommen könnten.

Der allgemeine Shutdown vollzog sich, ohne dass politisch und gesellschaftlich danach gefragt wurde, wie es nun den betroffenen Familien gehen wird, die sonst von einem breiten ambulanten Angebot der Jugendhilfe betreut und unterstützt werden. Ein sonst vorhandenes Kontroll- und Unterstützungssystem ist teilweise weggebrochen. Die durch die Pandemie beeinflussten Hilfsstrukturen können nur noch bedingt, die sonst so verbindlichen Regeln und Abläufe, aufrechterhalten.

Vieles bleibt daher in alleiniger Verantwortung der Eltern. Es ist anzunehmen, dass es einigen Kindern nun an Halt und Sicherheit in den familiären Strukturen mangeln wird. Bundesweit steigt die Inanspruchnahme der Sorgen- und Beratungstelefone. Dabei geht es häufig um Sorgen rund um den Alltag, um fehlende finanzielle Mittel, Existenzängste, streitende Geschwister, das Stresslevel der Eltern oder um Elternteile, denen schnell einmal die „Hand ausrutscht“.  Die Überforderung der Eltern mit der „Hausschule“ spielt dabei noch gar keine Rolle. Das digitale Lernen wurde in den letzten Jahren leider nicht in der Praxis erprobt.

Die Sozialarbeiter*innen des Jugendamtes im Vogtland verzeichnen (noch) ein zurückhaltendes Meldeverhalten hinsichtlich gefährlicher Situationen von Kindern und Jugendlichen in ihrem sozialen Umfeld.

Dennoch wäre es unangebracht, sich nicht zu sorgen, denn wo nun niemand mehr hinsieht, kann auch nichts auffallen. Die verminderte Wahrnehmung lässt stattdessen das Risiko für vernachlässigendes und/ oder misshandelndes Verhalten steigern. Es ist bekannt, dass zu Weihnachten und Ostern sowie in Zeiten von wirtschaftlicher Rezession die Fälle von seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt an Minderjährigen stark ansteigen. Der Schutz gerade der Jüngsten, welche nicht einfach eine Beratung in Anspruch nehmen können, deren Stimme nicht gehört werden kann, die keine Fürsprecher haben, Kindergartenkinder, Grundschüler,  ist daher in einer solchen Zeit nicht gewährleistet. Psychische Langzeitfolgen in den Familien sind wahrscheinlich leider nicht zu vermeiden.

Es bedarf nun auch auf lokaler Ebene einer  Bündelung von Kräften und einer breiten Öffentlichkeit für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche. Der Vogtlandkreis koordiniert seine Arbeit für einen gelingenden Kinderschutz u.a. über das Netzwerk für Kinderschutz /Frühe Hilfen Vogtlandkreis. Zum einen werden auch in der aktuellen Zeit alle Fachkräfte weiter beraten und zu anderen ist das Jugendamt, vor Allem der soziale Dienst,  Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche in Not. Minderjährige können sich in die Obhut des Jugendamtes begeben, wenn sie zu Hause bedroht sind.

Auch die Schulsozialarbeit wird im Jugendamt koordiniert. 

Dr. med. Liskowsky fände es wünschenswert, wenn die Lehrer*innen ihre Schüler einmal pro Woche anrufen und fragen, wie der Alltag rund um die Schulaufgaben läuft, wie es den Eltern geht oder ob und wo es Probleme gibt bzw. Unterstützung benötigt wird.

Wichtig für Eltern ist es zu wissen, dass es in Situationen, in denen man sich überfordert fühlt und Angst vor einer Eskalation hat, die Möglichkeit der Notbetreuung (für Kinder bis zur 4. Klasse) gibt. Wenn also das Kindeswohl bedroht ist, können sich sowohl Eltern als auch Fachkräfte an das Jugendamt wenden.

Dr. med. Liskowsky und das Jugendamt der Landkreisverwaltung:

„Bleiben Sie wachsam, rufen Sie als Großeltern ihre Kinder und Enkelkinder an, lassen Sie sich selbst beraten, wenn Sie um Familien aus der Nachbarschaft Sorgen haben, weisen Sie auf Hilfsangebote hin, informieren Sie sich in Ihrer Stadt und Gemeinde, welche Beratungsmöglichkeiten existieren und vermitteln Sie weiter. Nur so besteht die Möglichkeit, dass aus dieser Corona-Krise keine dauerhafte soziale Krise wird, die Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft nicht bedroht sind von familiärer Gewalt und überforderten und gestressten Eltern, welchen die Kompensationsmöglichkeiten und das Unterstützungssystem fehlen.“

 

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Hier können Sie sich unter anderem beraten lassen:

Netzwerk für Kinderschutz/ Frühe Hilfen

Tel.: 03741/ 300 3448 (schwarzburger.lilly@vogtlandkreis.de,

www.vogtlandkreis.de – Suche: Kinderschutz und Frühe Hilfen)

Erziehungs- und Familienberatungsstellen im Vogtlandkreis:

 

Familienberatungsstelle

Adorf – AWO Vogtland

August-Bebel-Str. 8

037423/ 57856, -57, -58  

Familienberatungsstelle Oelsnitz – AWO Vogtland

August-Bebel-Str. 22

037421/ 20991

Familienberatungsstelle Auerbach – Diakonisches

Beratungszentrum

Herrenwiese 9a

03744/ 831260

Familienberatungsstelle Klingenthal – Diakonisches

Beratungszentrum

Auerbacher Str. 4

037467/ 599211

Familienberatungsstelle Reichenbach – AWO Vogtland

Obere Dunkelgasse 45

03765/ 555050

Familienberatungsstelle Plauen – Diakonisches

Beratungszentrum

Plauen, Albertplatz 12

03741/ 280590

 

Onlineberatung der AWO Vogtland – Bereich Reichenbach e. V. www.bke-beratung.de

 

Institutsambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Rodewisch (Anmeldung): 03744 / 3664701

Nummer gegen Kummer (www.nummergegenkummer.de)

Beratung für Kinder und Jugendliche: 11611

für Eltern und Sorgepersonen: 0800 1110550

Telefonseelsorge

Beratung für Kinder und Jugendliche: 0800 3330333

Sozialer Dienst des Jugendamtes Vogtlandkreis 03741/ 300 3371